Das Verwaltungsgericht Mainz verhandelt am Donnerstag, 12.05.2022, 11:00 Uhr (Ernst-Ludwig-Str. 9, Mainz, Sitzungssaal 92), über ein Auskunftsersuchen des Friedensaktivisten Hermann Theisen (Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen) zur Rolle der Air Base Ramstein im US-Drohnenkrieg, das er im April 2021 an das Justizministerium Rheinland-Pfalz gerichtet hat. In seinem Auskunftsersuchen beruft sich der Friedensaktivist auf die Bestimmungen des Landestransparenzgesetzes Rheinland-Pfalz, des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG), des Grundgesetzes und der EU-Grundrechtecharta, wonach Bürger*innen einen umfangreichen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen haben.
Dem Mainzer Justizministerium stellte er folgende Fragen:
- Welche Erkenntnisse hat das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz über die Rolle der Air Base Ramstein bei dem Einsatz von US-Kampfdrohnen?
- Welche konkreten Bemühungen gab und gibt es seitens des Ministeriums der Justiz Rheinland-Pfalz zur straf- und verfassungsrechtlichen Aufklärung dieses Sachverhalts?
- Hat das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz die rheinland-pfälzischen Strafverfolgungsbehörden dem Legalitäts- und Rechtsstaatsprinzip folgend angewiesen, diesen Sachverhalt aufzuklären?
Das Justizministerium verneinte daraufhin per Bescheid einen Anspruch auf Zugang zu den erbetenen Informationen, da bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken ein Strafverfahren in der Causa Ramstein anhängig sei, weshalb eine Auskunftserteilung nicht zulässig sei. Pikanterweise wurde das Strafverfahren durch eine Strafanzeige des Friedensaktivisten selbst in Gang gesetzt und ist inzwischen eingestellt worden. Theisen erhob daraufhin Widerspruch gegen den Bescheid und legte dem Justizministerium öffentlich zugängliche Materialien vor, die eine Beteiligung der Air Base Ramstein an extralegalen Tötungen durch US-Kampfdrohnen belegen sollten. In der Folge blieb das Justizministerium bei seiner ablehnenden Haltung und wies den Widerspruch ab, worauf Klage vor dem Verwaltungsgericht Mainz erhoben worden ist, über die nun verhandelt wird.
Für Theisen ist das informationsverweigernde Vorgehen des rheinland-pfälzischen Justizministeriums nicht nachvollziehbar, das auf seiner Homepage ausdrücklich als eine seiner Aufgaben die „Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften des Landes Rheinland-Pfalz“ benennt. Und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer schreibt auf der digitalen Transparenz-Plattform des Landes Rheinland-Pfalz: „Wir wollen politische Entscheidungen nachvollziehbarer machen und demokratische Meinungsbildung fördern. Informationen ermöglichen Mitreden und Mitgestalten. Und das ist Demokratie, wie ich sie mir vorstelle.“
Warum das ausgerechnet bei Fragen zur Causa Ramstein nicht gelten soll, ist für den Friedensaktivisten nicht nachvollziehbar: „Durch die Datenannahme und Datenweitergabe der in Ramstein stationierten Relaisstation spielt der US-Stützpunkt Ramstein eine zentrale Rolle bei der Steuerung von US-Kampfdrohnen, mit denen bis heute extralegale Tötungen vorgenommen werden. Dabei handelt es sich um zutiefst menschenverachtende Vorgänge, die an den Grundfesten unseres demokratischen Rechtsstaates und den humanitären Grundprinzipien unserer Zivilisation rütteln. Deshalb erwarte ich von dem Verwaltungsgericht Mainz, dass es meiner Klage folgt und das Justizministerium zur Herausgabe der von mir erbetenen Informationen verpflichtet“, so Theisen.
Die New York Times hatte noch vor wenigen Monaten berichtet, dass bei den Einsätzen von US-Kampfdrohnen „systematisch zivile Opfer in Kauf genommen“ worden seien: „Das US-Militär billigte offenbar zivile Opfer.“ Der amerikanische Luftkrieg sei geprägt gewesen „von mangelhafter Aufklärung, übereilten und ungenauen Raketenabschüssen und dem Tod tausender Zivilisten, darunter viele Kinder“, schrieb die New York Times: „Das sollte inzwischen auch dem Justizministerium Rheinland-Pfalz bekannt sein und nun endlich eine rigorose rechtsstaatliche Sachaufklärung in der Causa Ramstein zur Folge haben, anstelle einer anhaltenden Informationsverweigerung. Der bereits seit Monaten anhaltende Krieg in der Ukraine führt uns gerade auf erschreckende Weise vor Augen, wie fundamental bedeutsam es ist, dass die Hintergründe militärpolitischen Handelns gegenüber der Öffentlichkeit stets im Lichte des Friedensgebotes des Grundgesetzes transparent und lückenlos verantwortet werden“, so der Friedensaktivist.