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Inferno in Europa? junge Welt 11.5.2016

Inferno in Europa?

Von Ramstein aus wird permanent Krieg geführt. Das muss schleunigst aufhören.
junge Welt 11.5.2016 von Bernhard Trautvetter

Am Wochenende zogen rund 80 Friedensaktivisten eine positive Zwischenbilanz der Vorbereitungen für ihre diesjährigen Proteste: 12 lokale Initiativen unterstützen die Kampagne »Stopp Ramstein«, die bereits georderten Busse und Ankündigungen von internationalen Delegationen aus den USA, Frankreich, Großbritannien, der Schweiz und den Beneluxstaaten lassen auf eine große Beteiligung hoffen. Zu den Protestaktivitäten werden unter anderem Willy Wimmer (CDU) und der ehemalige Drohnenpilot Brandon Bryant erwartet. Ausdrücklich wendet sich das Bündnis gegen nationalistische Versuche der Uminterpretation des Friedensgedankens und betont, dass die NATO-Infrastruktur schon jetzt eine Umweltverschmutzung, Gesundheitsgefährdung und Beeinträchtigung der Lebensqualität vor Ort bedeutet. Nach dem deutschen Grundgesetz sind »Handlungen, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, verfassungswidrig«. Bei der Zurückweisung der Klage Wolfgang Jungs gegen die Drohnenrelaisstation in Ramstein durch das Bundesverwaltungsgericht Anfang April kam das dortige Geschehen erneut ans Tageslicht. Ramstein ist der Umschlagplatz für fast alle Personen- und Frachttransporte der NATO in Richtung Naher und Mittlerer Osten und Afrika. Über die NATO hat Deutschland Einfluss auf das Geschehen in Ramstein. Ramstein spielte als militärisches Drehkreuz eine Rolle im Balkankrieg Ende der 1990er Jahre, den die NATO ohne UNO-Mandat eröffnete und der ein Meilenstein bei der Zerlegung Jugoslawiens war. Der UNO-Generalsekretär Kofi Annan kritisierte damals die Intervention als Gefährdung friedlicher Lösungen. Der »Kosovo-Krieg« genannte, von der BRD forcierte Völkerrechtsbruch gilt als Türöffner für die NATO auf dem Weg zur weltweit agierenden Armee nach dem »Recht des Stärkeren«. Auch der Angriffskrieg gegen den Irak im Jahr 2003 unter US-Präsident George W. Bush setzte auf die Logistik der Airbase. Er erfolgte gegen das Votum der Schröder-FischerBundesregierung. Doch beim NATOGipfel 2002 »hatte Bundeskanzler Schröder den USA die (…) Nutzung ihrer Militärbasen« garantiert, so das »internationale Tribunal gegen den Irak-Krieg«. Die US-Regierung bediente sich bei der Legitimierung des Angriffs des Märchens von den Massenvernichtungswaffen des damaligen irakischen Präsidenten Saddam Husseins, das ein vom BND ins Spiel gebrachter Provokateur erfunden hatte. Von Ramstein aus wird auch ein Großteil des Afghanistan-Krieges ermöglicht, der das ISAF-Mandat des Weltsicherheitsrates mit dem nichtUNO-mandatierten Antiterrorkrieg mischt. Der in der Öffentlichkeit bekannteste Völkerrechtsbruch, der ohne Ramstein unmöglich durchzuführen wäre, ist der weltweite Drohnenkrieg der USA: »Deutschland spielt eine (…) wichtigere Rolle im USDrohnenkrieg als bislang bekannt. Nach Recherchen (…) werden Drohnenangriffe (…) über (…) Ramstein (…) koordiniert.« Zudem »ist die Militärbasis Dreh- und Angelpunkt für sämtliche Drohnenaktivitäten«. Demnach werden hier »rund um die Uhr Livebilder der Drohnen ausgewertet«, stellte die ARD-Sendung »Panorama« schon im April 2014 fest. Ramsteins Rolle im nuklearen Konzept der NATO tritt zuwenig in die öffentliche Aufmerksamkeit. Man kann das am Beispiel des NATO-Manövers »Cold Igloo« veranschaulichen: Hier übten die Militärs im Oktober 2015 auch die Bestückung der Bundeswehr-»Tornados« mit Attrappen der in Büchel bei Koblenz lagernden B-61-Atombomben. Ramstein ist eine Narbe der Erde, von der ein nukleares Inferno in Europa ausgehen könnte. Dementsprechend ruft die Friedensbewegung zu einer Menschenkette in Ramstein am Samstag, 11.6., auf, um der Forderung nach einem Ende der NATO-US-BundeswehrAktivitäten in Ramstein zu fordern, damit von hier kein Krieg ausgeht.