Wenn das Überleben der Menschheit auf dem Spiel steht, wird Widerstand zur Pflicht. AktivistInnen von Stopp Air Base Ramstein blockierten am 28. Juni 2019 drei Tore des Atomwaffen-Stützpunktes Büchel in Rheinland Pfalz. Auf dem Fliegerhorst der deutschen Luftwaffe lagern im Rahmen der nuklearen Teilhabe US-amerikanische Atomwaffen, die im Falle eines Krieges von deutschen Soldaten in die Zielgebiete geflogen werden sollen.
Marion Küpker begleitet und informiert die verschiedenen Aktionsgruppen dort für die bundesweite Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt und dokumentiert deren Aktionen. An unserem Aktionstag wurde ihr erstmalig Polizeigewalt angetan und anschließend ein Prozess wegen “Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte” angestrengt.
Die Kampagne Stopp Air Base Ramstein hat Marion mit einer Spendenaktion und einer Informationsveranstaltung vor dem Prozess unterstützt. Bei der Spendenaktion kamen knappe 1000 EUR zusammen, die Marion geholfen haben, die Anwalts- und Prozesskosten zu bezahlen. Dafür möchten wir uns ganz herzlich bei allen Spenderinnen und Spendern bedanken!
Am 3. Mai fand ihr Prozess statt und für unsere Webseite hat uns Marion folgenden Bericht geschickt:
Am 3. Mai fand drei Stunden lang mein sehr spannender Prozess “Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte” im Amtsgericht Cochem statt. Es kamen insgesamt 16 ProzessbeobachterInnen, u.a. Mitglieder der Gruppen: DFG-VK-Köln, ATTAC “gegen Globalisierung und Krieg”, Versöhnungsbund-Mainz, Stopp Air Base Ramstein, Friedensini Hunsrück, Eifelregion, Frauen für Frieden und Freiheit München, Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen, Aachener Friedenspreis.
Des Weiteren wurden fünf Polizeibeamte (darunter der Einsatzleiter), sowie ein US-Amerikaner (mein heutiger Mann) geladen. Als weitere Zeugen standen für zukünftige Prozesstage die BlockiererInnen selbst zur Verfügung.
Nach meiner Einlassung wurden der Einsatzleiter Herr B. aus Cochem, sowie ein noch sehr junger Polizist, der zur Tatzeit sein Praktikum bei der Polizei machte und jetzt dort angestellt ist, als Zeugen vernommen. Es wurde dabei deutlich, dass der Polizeileiter, der diesen unverhältnismäßigen Einsatz zu verantworten hatte und später die Ermittlungen gegen mich (ein-)leitete, diese nicht an einen Kollegen abgab. Als zuständiger ermittelnder Beamte, der gleichzeitig Zeuge gegen mich ist, besteht natürlich ein Interessenskonflikt. Ein ermittelnder Beamter hätte bezüglich der Angeklagten (meiner Person) auch entlastende Beweise zu ermitteln gehabt. Im Verhör konnte der Einsatzleiter keinerlei entlastende Ermittlungen benennen.
Es war dieser Einsatzleiter, der auch die Sicherstellung und das Abschleppen des Kampagnenautos anordnete, obwohl ich bekanntermaßen damit die Protestaktionen nur dokumentierte und hier mit einem Menschen mit Gehbehinderung unterwegs war.
Im Zeugenstand bestand Einsatzleiter B. darauf, dass das am Straßenrand in ca. 75m entfernte Kampagnenauto während der Blockade eine Gefahr dargestellt haben soll, da in der Vergangenheit mehrfach “Autos als Blockademittel, nach der bereits erfolgten Blockaden-Räumung, zu deren Neuaufbau verwendet” worden sein sollen. Wann, wo und wie dieses erfolgt sein soll, darüber hatte er allerdings keinerlei Erinnerung. Einsatzleiter B. wusste auch von keiner Situation, in der ich jemals ein Auto als Blockademittel benutzt hatte.
Des Weiteren leugnete er auch die Löschung von Film- und Fotomaterial, wozu er anwesende Teilnehmende erfolgreich genötigt hatte.
Insgesamt hätten aufgrund der weiteren mindestens fünf Zeugen noch zwei Prozesstermine terminiert werden müssen.
Aufgrund der bereits bekannten Sachlage bot meine Anwältin eine Prozess-Einstellung an, die die Staatsanwältin ungern folgen wollte. Letztendlich einigten wir uns auf die Einstellung unter der Voraussetzung, dass ich 500 Euro an eine gemeinnützige Frauenorganisation zahle.
Für mich war diese Kompromiss akzeptabel, da die vielen weiteren Prozesstage (u.U. inklusiv Berufungsprozess) viel Zeit und Geld gekostet hätten; ein Freispruch bezüglich der Polizei selten ist; und ich damit auch eine Vorstrafe riskiert hätte. Meine erfahrene Verteidigerin hatte das Zeugenverhör so gut gemacht, dass hier wichtige Gedankenanstöße ergingen. Der Einsatzleiter erklärte zukünftig wieder besser miteinander im Gespräch sein zu können. Ich hoffe, es ist ein kleiner Teilerfolg.